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Bester Halt Bad Bentheim

Von der Grafschaft aus mit nur zwei Mal umsteigen an die französisch-spanische Grenze.

Hinter Gleis 3 liegt dichter Wald und vor Gleis 1 erhebt sich auch nicht gerade eine urbane Silhouette. Wer im Bahnhof Bad Bentheim aus dem Zug steigt, atmet vor allem Landluft und Ruhe ein. Ein schön saniertes Bahnhofsgebäude mit Café. Eine Wartehalle. Parkplätze. Es ist durchaus verständlich, wenn Durchreisende die Station für einen unbedeutenden Provinzbahnhof halten. Doch der Schein trügt. Es gibt wohl kaum eine andere ländliche Region in Deutschland, die so gut an das europäische Bahnnetz angebunden ist wie die Grafschaft. 

Zugegeben, das liegt nicht an der großen Bedeutung Bad Bentheims, sondern schlichtweg daran, dass es der letzte Halt vor der niederländischen Grenze ist und die Lokomotive ausgetauscht wird. Aber warum der Intercity hier hält, spielt schließlich keine Rolle, wenn man nur 3 Stunden und 40 Minuten später in Berlin Hauptbahnhof aussteigt – ohne umzusteigen. Das sind immerhin knapp 500 Kilometer. In der anderen Richtung sind es 2 Stunden und 10 Minuten bis Amsterdam Hauptbahnhof. Ebenfalls mit einem durchgehenden Intercity. 

Bad Bentheim ist also ein idealer Ausgangspunkt, um Europa mit dem Zug zu durchqueren. Machen wir uns auf die Schiene! Ziel ist die französisch-spanische Grenze. Etwa 1.500 Kilometer sind es bis in den südfranzösischen Grenzort Hendaye. Umsteigen nur in zwei europäischen Hauptstädten: Brüssel oder Amsterdam und Paris.

Ich nehme den Nachtzug „Europeansleeper“, der seit Sommer 2023 zwischen Berlin und Brüssel verkehrt. Einziger Halt in Deutschland außer der Hauptstadt: Bad Bentheim. Die Abfahrtszeit ist nichts für Langschläfer, 4.09 Uhr morgens. Aber schließlich möchte ich auch heute noch drei Länder durchqueren und meine Füße in den Atlantik tauchen.

In der Dunkelheit auf Gleis 2 steht ein Mann in neongelber Leuchtweste. Ein Mitarbeiter des Zugs, der auch die Tickets vor dem Einstieg kontrolliert. Seine Arbeit in Bad Bentheim ist überschaubar. Ich bin die einzige Person, die hier einsteigt. Im Sechserabteil stolpere ich über ausgezogene Schuhe, die Mitreisenden schlafen. Wir rollen im Regen durch die Niederlande, halten in Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen und weiteren Städten. Knapp fünfeinhalb Stunden später steige ich in Brüssel aus. Einen Kaffee im Bahnhof und weiter geht es mit dem „Eurostar“ in knapp eineinhalb Stunden bis Paris. Es ist genug Zeit, ein Mittagessen in der Sonne zu genießen.

Von Paris düst der TGV durch Südwestfrankreich, 320 Kilometer in der Stunde zeigt der Bildschirm im Zug an. Kurz vor 19 Uhr steige ich an der Endstation aus: Hendaye an der spanischen Grenze. Vor dem Bahnhof zwei belebte Bars, zu Fuß spaziere ich durch die Straßen. Dann liegt er vor mir. Der Atlantik. Die Lichter der Strandpromenade glitzern im Meer, beeindruckende Wellen brechen sich in der breiten Bucht und rollen auf den Strand. Ich ziehe die Schuhe aus und tauche die Füße in den Atlantik. Nur eine Zugreise von der Grafschaft entfernt.

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