Glücksversprechen Eisbaden

Süddeutsche Zeitung, Wissen

Das Bad in der Eistonne, im frostigen Baggersee oder zumindest die kalte Dusche am Morgen: Wie gesund ist das wirklich?

Wenn im Frühling die Seen und Flüsse wärmer werden, füllen Eisbade-Fans Tonnen mit Eiswürfeln, besuchen Kältekammern oder hocken sich sogar in Gefriertruhen. Sie schwören auf die positive Wirkung von Kälte. Wer kalt badet, steigt gesünder, fitter, glücklicher, schlanker und weniger gestresst aus dem Wasser heraus. So lauten zumindest einige der Heilsversprechen.

„Nie wieder krank“ verspricht etwa eines der Bücher des Extremsportlers Wim Hof, der Kälterekorde aufstellt, die untrainierte Menschen wohl nicht überleben würden. Hof verspricht, wer seine Methode regelmäßig praktiziere, eine Kombination aus Atemtechnik, Kältebad und Meditation, könne schon nach zehn Tagen positive Veränderungen für Geist und Körper feststellen.

Mittlerweile ist ein regelrechter Hype um die Heilkraft der Kälte entstanden, Baumärkte verkaufen Eistonnen für den Balkon, für wenige Minuten in einer Kältekammer bezahlen Menschen um die 30 Euro. Und es geht noch mehr: Ein eintägiger Workshop in Köln beim selbst ernannten „Iceman“ Wim Hof kostet pro Person regulär zwischen 399 und 999 Euro.

Nur: Lebt man wirklich gesünder, wenn man in Eiswürfeln badet oder sich in kalte Fluten stürzt? Ist die Kraft der Kälte tatsächlich heilsam? Der Sportwissenschaftler Sascha Ketelhut von der Universität Bern hat in einer Pilotstudie die „Wim-Hof-Methode“ (Atmung, Kälte, Meditation) bei 20 Männern zwei Wochen lang getestet und die Ergebnisse mit denen einer Kontrollgruppe verglichen. Dabei konnte der Wissenschaftler keine kardiovaskulären oder psychologischen Verbesserungen messen. „Das heißt nicht unbedingt, dass die Wim-Hof-Methode nicht funktioniert“, sagt Ketelhut, „nur so, wie wir sie durchgeführt haben, in Selbstanwendung zu Hause, zwei Wochen lang, mit einer kleinen Gruppe gesunder Männer, konnten wir keine Veränderungen feststellen.“

„Für manche Menschen aber kann das Eisbad lebensbedrohlich sein.“

„Pauschal kann man nicht sagen, Kälte sei gut oder schlecht für die Gesundheit“, sagt Hanns-Christian Gunga, Seniorprofessor am Zentrum für Weltraummedizin und Extreme Umwelten der Berliner Charité. „Zunächst einmal bedeutet Kälte ebenso wie Hitze eine Stresssituation für den Körper.“ Ist doch der Mensch schlecht ausgestattet für extreme Temperaturen, er hat kein Fell, das ihn wärmt und kann seine Körpertemperatur nicht wie Reptilien der Umgebung anpassen. Steigt er ins eiskalte Wasser, erlebt er stattdessen einen Kälteschock mit einer heftigen Herz-Kreislauf-Belastung.

Die Gefäße ziehen sich zusammen, der Herzschlag schnellt in die Höhe, der Blutdruck steigt. Die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin sowie Glückshormone werden ausgeschüttet. Der Körper arbeitet auf Hochtouren, um sich zu schützen, indem er versucht, die lebenswichtigen Organe in der Körpermitte, auf etwa 37 Grad konstant warmzuhalten. …

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