Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen

Psychologie Heute, BELTZ Verlag

Kaum noch Zeit zum Toben: Wie zu viel Sitzen die psychische Entwicklung von Kindern beeinflusst, erklärt Christine Joisten, Fachärztin und Professorin der Deutschen Sporthochschule Köln, im Gespräch.

Interview von Inga Rahmsdorf

Frau Joisten, es heißt oft, dass Kinder und Jugendliche ständig vor dem Bildschirm hängen und sich viel zu wenig bewegen. Ist es wirklich so schlimm?

Christine Joisten: Um zu beurteilen, was zu wenig ist, muss man zunächst schauen, wo man die Grenze für ausreichend Bewegung zieht. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass Kinder sich mindestens eine Stunde am Tag bewegen sollten. Das machen laut der KIGGs-Studie in Deutschland nur 23 Prozent der Mädchen und 30 Prozent der Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren. Durch die Corona-Pandemie wurde dieser Trend noch deutlich verschlechtert. 

Dreiviertel aller jungen Menschen bewegen sich nicht einmal 60 Minuten am Tag?

Ja. Und Bewegung heißt nicht unbedingt Sport, auch laufen, Rad fahren, auf Bäume klettern und draußen spielen zählen als körperliche Aktivität. In Deutschland haben wir in einer Gruppe Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nationale Empfehlungen für Bewegung erarbeitet. Wir empfehlen auf Basis der Daten hierzulande täglich sogar 90 Minuten. Mindestens! Untersuchungen zeigen, dass Kinder sich in den 1970er Jahren etwa drei bis vier Stunden am Tag bewegt haben.

Gilt immer: je mehr sich Kinder bewegen, desto besser?

Ja, wenn sie keine gesundheitlichen Einschränkungen haben, definitiv. Eigentlich haben Kinder ein gutes Gefühl dafür, sie wollen sich viel bewegen. Das wichtigste ist, dass wir als Eltern darauf achten, wann ein Kind sich bewegen will, um dann auch die Freiräume dafür zu schaffen. Das erlebe ich gerade auch wieder sehr eindrücklich bei dem Projekt „Frühstart“, das sich an Kindergartenkinder mit Übergewicht richtet. Wenn man ihnen den Raum gibt, rennen sie begeistert herum und wollen sich bewegen. Wir sehen dort aber auch, dass sogar schon Kinder im Kitaalter aufgrund ihres Übergewichts gemobbt werden. Etwa 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig, das sind mehr als zwei Millionen junge Menschen.

Woran liegt es, dass Kinder immer weniger körperlich aktiv sind?

Zum einen finden sie heute draußen kaum noch jemanden zum Spielen. Die Familienstrukturen haben sich verändert, meist gibt es weniger Geschwister und die Kinder sind heute sehr stark verplant, sie haben kaum Zeit zum freien Spielen. Außerdem lädt die Draußen-Welt auch nicht unbedingt zur Bewegung ein. Es gibt zu wenig Räume, in denen Kinder und Jugendliche sich frei bewegen, spielen, rennen und toben können. Und was natürlich extrem zugenommen hat, ist der Konsum von audiovisuellen Medien. Das ist für den Körper und den Geist ein echter Stress. 

Verbringen junge Menschen zu viel Zeit mit digitalen Medien?

Wenn im Restaurant die Kinder schon Tablets in den Buggy gereicht bekommen, wenn sie vor dem Fernseher oder Smartphone geparkt werden, ist das fatal. Sie wachsen von klein auf in diese sitzende Gesellschaft hinein. Viele der Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern haben sicherlich mit dieser ständigen audiovisuelle Überreizung und mangelnden Bewegung zu tun. 

Was empfehlen Sie?

Wir empfehlen in Deutschland, dass bei Kindern, die jünger als drei Jahre sind, die vermeidbare sitzende Zeit null Minuten betragen sollte. Das bedeutet: überhaupt keine Medienzeit. Bei älteren Kindern …

Das gesamte Interview ist zu lesen auf:

https://www.psychologie-heute.de/gesundheit/artikel-detailansicht/43752-im-fokus-bewegungsmangel-bei-kindern-und-jugendlichen.html