Der Herzchirurg Umeswaran Arunagirinathan floh als Zwölfjähriger vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka. Um ihn zu retten, übergaben seine Eltern ihn an Schlepper. Kurz vor seinem Abitur sollte er noch abgeschoben werden. Ein Gespräch über Rassismus, Sparsamkeit, Corona und die Ökonomisierung von Gesundheit.
Interview von Anna Hoben und Inga Rahmsdorf
Moin“, ruft Umeswaran Arunagirinathan gut gelaunt zur Begrüßung. Er wirkt überhaupt nicht müde, dabei kommt der Herzchirurg direkt von einem 24-Stunden-Dienst aus dem Klinikum in Bremen. Der 41-Jährige ist in Sri Lanka geboren. Als er fünf war, brach der Bürgerkrieg aus. Um ihn zu retten, übergaben seine Eltern ihn an Schlepper. Zwölf Monate dauerte die Flucht, bis er bei seinem Onkel in Hamburg ankam. Kurz vor seinem Abitur sollte er noch abgeschoben werden. Heute hat Arunagirinathan die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Interview fand vor der Corona-Pandemie statt, die Fragen zur aktuellen Situation hat er später am Telefon beantwortet.
SZ: Herr Arunagirinathan, reden wir über Geld. Ihr neues Buch trägt den Titel: „Der verlorene Patient. Wie uns das Geschäft mit der Gesundheit krank macht“.
Umeswaran Arunagirinathan: Geld bestimmt die Medizin. Der Mensch steht nicht mehr im Mittelpunkt. Der ökonomische Druck ist enorm. Warum müssen Kliniken gewinnorientiert arbeiten? Das erwarten wir doch von Polizei, Feuerwehr und Schulen auch nicht. Chefärzte sind Marionetten von Geschäftsführern. Ich möchte, dass wir uns im nächsten Bundestagswahlkampf intensiv mit unserer Gesundheitspolitik auseinandersetzen, weil sie wirklich jeden in diesem Land betrifft.
Müssen Ärzte nicht wirtschaftlich denken?
Natürlich, aber nur, damit wir langfristig sozial handeln können. Das können wir nur, wenn Ärzte auch Ärzte sind und keine Manager. Dafür müssen wir Mediziner uns stärker einsetzen.
Welche Rolle spielt Geld in der Corona-Pandemie?
Ich bin in vielen Aspekten positiv überrascht. Da wurden Entscheidungen getroffen, bei denen nicht das Geld ausschlaggebend war, sondern die Gesundheit. Vieles läuft in Deutschland sehr gut. Aber es kann nicht sein, dass wir alles andere in den Kliniken derzeit komplett stilllegen. Ich kann nicht wegen einer Erkrankung einen anderen Erkrankten benachteiligen. Wenn ich eine Knieprothese brauche, dann kann ich warten. Das ist eine ganz andere medizinische Indikation als ein Herzeingriff. Diese Differenzierung müsste da sein, aber das hat man leider nicht mitbedacht.
Bei Ihnen in der Abteilung wurden also alle Herzoperationen verschoben?
Ja, alles, was kein akuter Notfall war, wurde verschoben. Wenn wir alle Patienten mit geplanten Eingriffen nun nach Hause schicken, kommen sie in vier Monaten wieder. Bis dahin sind sie vielleicht zum Notfall geworden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todessache in Deutschland. Viele Menschen haben Angst davor, in die Kliniken zu gehen. Dann sterben sie nicht an Corona, sondern an einem Herzinfarkt. Wir müssen …
Das ganze Interview auf SZ-Plus:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/herzchirurg-coronavirus-reden-ueber-geld-schlepper-kindheit-karriere-umeswaran-arunagirinathan-1.4907606